Care als Fähigkeit, die Verletzlichkeit des anderen zu sehen
Nichts braucht die moderne Gesellschaft mehr als eine Kultur der Sorge. Dies gilt für viele Bereiche der Gesellschaft, aber für den Bereich der Gesundheitsberufe trifft das in besonderer Weise zu. Die Zukunft dieser Berufe liegt in der Ermöglichung einer Ethik der Sorge, sie liegt in einer Neubestimmung dessen, was wir als caring community verstehen wollen. Der Sorgebegriff verweist auf die Individualität und Besonderheit eines jeden Menschen, weil es keine allgemeine, sondern nur jeweils eine konkrete Sorge geben kann. Sorge zu verwirklichen setzt daher eine Wahrnehmung der Potentiale des anderen in seiner ihm eigenen Besonderheit voraus, und hierfür ist eine Sensibilität für die Verletzlichkeit des anderen vonnöten. Erst durch die Fähigkeit, den anderen in seiner besonderen Verletzlichkeit zu erkennen, ermöglicht eine Kultur der Sorge, die am Ende als Antwort auf die Angewiesenheit des Menschen zu betrachten ist.
Kurz-CV
Giovanni Maio ist Philosoph, Mediziner und Inhaber des Lehrstuhls für Medizinethik an der Universität Freiburg. Zahlreiche Publikationen zur Ethik in der Medizin und Ethik in der Pflege, zuletzt «Ethik der Verletzlichkeit» (2024) bei Herder.
Prof. Dr. Giovanni Maio
Lehrstuhl für Medizinethik
Universität Freiburg